1. Sammlung, Sortierung und Entsorgung von Altreifen
- Altreifen sollen ausschließlich durch zertifizierte Entsorgungsfachbetriebe (z. B. ZARE) eingesammelt und nach Verwendungszweck vorsortiert werden.
- Annahmestellen wie Reifenhändler, Kfz-Werkstätten und Autohäuser dürfen nur mit zertifizierten Entsorgungsfachbetrieben zusammenarbeiten.
- Die illegale Entsorgung von Altreifen, insbesondere der Export in Nicht-EU-Staaten, muss konsequenter verfolgt und unterbunden werden.
- Der Einsatz nicht recycelbarer Sealant-Reifen (Selbstabdichtungsfunktion) soll gesetzlich verboten werden.
- In der EU anfallende Altreifen müssen verpflichtend in der EU und den drei assoziierten Staaten (CH, NO, UK) recycelt werden.
- Die gesetzlich verankerte Abfallhierarchie muss konsequent eingehalten werden: stoffliche Verwertung ist gegenüber thermischer Verwertung zu priorisieren.
2. Runderneuerung und Kreislaufwirtschaft
- In die EU importierte Reifen müssen nachweislich für die Runderneuerung geeignet sein.
- Runderneuerbare Altreifen sollen rechtlich als Produkte und nicht als Abfälle eingestuft werden.
- Karkassen runderneuerbarer Reifen sind als Handelsware und Wertstoff zu klassifizieren.
- Der Einsatz runderneuerter Reifen ist durch einen Steuernachlass pro Reifen gezielt zu fördern.
- Bei öffentlichen Ausschreibungen ist der Einsatz runderneuerter Reifen – soweit verfügbar – verpflichtend zu bevorzugen.
- Kommunen und kommunale Unternehmen sollen verpflichtet werden, eine Mindestquote von 50 % runderneuerten Reifen zu erfüllen – sofern verfügbar.
- Die Vielfalt der Reifendimensionen bei Pkw ist gesetzlich zu begrenzen, um die Runderneuerung wirtschaftlich und technisch zu ermöglichen.
Kein Clean Industrial Deal ohne klimagerechte (Reifen-)Kreislaufwirtschaft
Die Zukunft des des zirkulären Wirtschaftens in Europa nachhaltig sichern
3. Ökodesign und Produktverantwortung
- Die EU-Ökodesign-Richtlinie muss Reifenhersteller verpflichten, die Runderneuerungsfähigkeit bei der Produktentwicklung zu berücksichtigen und transparent auszuweisen.
- Die Entwicklung kreislauffähiger Reifenprodukte nach dem Cradle-to-Cradle-Prinzip ist durch gesetzliche Rahmenbedingungen und gezielte Innovationsförderung zu unterstützen.
- Ressourcenschonung muss durch Materialeinsparung, Wiederverwendung und den Einsatz alternativer Werkstoffe verbindlich gefördert werden.
- Neureifen müssen mit einem elektronisch auslesbaren RFID-Chip gekennzeichnet werden, um Transparenz und Effizienz im Lebenszyklusmanagement zu gewährleisten.
4. Stoffliche Verwertung
- Mechanisch recycelte Reifenmaterialien wie Gummigranulat und Gummimehl müssen durch eine klare End-of-Waste-Regelung als wirtschaftlich nutzbare Sekundärrohstoffe anerkannt werden.
- Der Einsatz von Rezyklaten muss durch geeignete politische und wirtschaftliche Anreize gefördert werden.
- Bei der Bewertung von PAK-Gehalten sind migrations- und emissionsbasierte Messverfahren auf EU-Ebene verbindlich einzuführen.
- Die REACH-Verordnung ist so zu überarbeiten, dass umweltfreundliche Recyclingprodukte aus Reifengranulat rechtssicher eingesetzt werden können; die derzeitige Unsicherheit gefährdet die Existenz zahlreicher mittelständischer Unternehmen der Reifenrecyclingbranche.
- Der Einsatz von gummimodifiziertem Asphalt muss gefördert und gefordert werden. Bei öffentlichen Ausschreibungen sind grundsätzlich Rezyklate zu bevorzugen. Zudem müssen Ausschreibungen die “Total costs of ownership” berücksichtigen, damit langlebigere Produkte eine relevante Chance haben.
5. Chemische Verwertung
- Im chemischen Recycling erzeugte Sekundärrohstoffe wie Recovered Carbon Black (rCB) und Tyre Pyrolysis Oil (TPO) sind durch eindeutige End-of-Waste-Regelungen als vollwertige Rohstoffe anzuerkennen.
- Innovative Devulkanisations- und Pyrolyseverfahren sind gezielt zu fördern, weiterzuentwickeln und ökologisch wie ökonomisch zu optimieren.
- Neue, effiziente und wirtschaftlich tragfähige Einsatzmöglichkeiten für Pyrolyseprodukte wie Gas und Koks sind zu entwickeln.
6. Allgemeine politische Rahmenbedingungen
- Ein europäisches Label für zirkuläre Produkte ist einzuführen, das Transparenz über Emissionen und Ressourceneffizienz schafft.
- Für alle industriellen Schlüsselbereiche sind verbindliche Kreislaufziele gesetzlich festzulegen.
- Auf EU-Ebene sind einheitliche, rechtsverbindliche und praxisnahe End-of-Waste-Kriterien (EoW) zu schaffen.
- Importzölle auf Reifen, die unterhalb von Material- und Herstellungskosten in die EU eingeführt werden, sind einzuführen und regelmäßig (mind. alle zwei Jahre) anzupassen.
- Ein starker europäischer Finanzierungsmechanismus muss geschaffen werden, der faire und wettbewerbsfähige Investitionsbedingungen für Unternehmen in der Reifen- und Recyclingbranche sichert.